Wie High-Tech-Assistenten die Zukunft der Gesundheitsversorgung gestalten

16. Juni 2025

Chirurgie der Zukunft: Wie der Da-Vinci-Roboter die Medizin revolutionierte und weiterhin revolutionieren wird

Roboter verändern die Welt – und das nicht nur in der Industrie oder in Haushalten. Auch in der Medizin übernimmt die Technik zunehmend anspruchsvolle Aufgaben. Besonders in der Chirurgie zeigt sich dieser Wandel: Der Da-Vinci-Roboter, ein hochmodernes Operationssystem, ermöglicht präzisere, minimalinvasive Eingriffe. Mit Hilfe des Da Vinci werden sämtliche Operationen einfacher und risikoärmer. Ist die Robotik in der Medizin bald nicht mehr wegdenkbar, sogar unverzichtbar? Welche Risiken birgt sie? Fortschritt oder Risiko? Diese Reportage gibt Einblicke in Chancen, Herausforderungen und Erfahrungen mit der Roboterchirurgie.

Die Operation aus der Ferne – Präzision auf Knopfdruck?

Ein Patient liegt auf dem Operationstisch, doch kein Chirurg steht direkt über ihm. Hat die Operation bereits begonnen? Tatsächlich ist sie schon in vollem Gange – gesteuert aus der Ferne. Doch wie ist das möglich? Die Antwort liegt in einem hochmodernen Robotersystem namens Da Vinci, das mit millimetergenauer Präzision arbeitet und die Zukunft der Medizin mitgestaltet. Gesteuert von erfahrenen Chirurgen an einer Konsole, ermöglicht es minimalinvasive Eingriffe mit höchster Präzision – ist das die Zukunft der Chirurgie?

Der Da-Vinci Roboter im Einsatz.

 Ohne Zittern und ganz hinten im Körper

In der Chirurgie unterscheidet man zwischen offener Chirurgie und laparoskopischer Chirurgie. Laparoskopische Chirurgie, auch als minimalinvasive Chirurgie bezeichnet bedeutet, dass die Operationen durch kleine Schnitte statt grosser Öffnungen erfolgen. Instrumente und eine Kamera werden durch diese Schnitte eingeführt, was den Eingriff weniger invasiv macht. Das Da Vinci System wird speziell für diese Art von laparoskopischen Eingriffen eingesetzt. Der Ablauf eines solchen Eingriffs ähnelt dem eines herkömmlichen Eingriffs, aber mit einem wesentlichen Unterschied: Es operiert kein Chirurg direkt am Patienten. Stattdessen steuert ein Chirurg von einer Konsole aus die 3-5 robotischen Arme, die die Operation durchführen. PD Dr. Igor Langer, ist Chirurg an der Viszeral-Abteilung im Lindenhofspital Bern, er sieht in der Anwendung überwiegend Vorteile. «Der Roboterarm macht keine unwillkürliche (unnötige) Bewegung, er ist komplett still. Das könnte kein Mensch, der Arm eines Menschen wird irgendwann müde und beginnt schnell einmal zu zittern. Das würde beim Roboter niemals passieren.» Ausserdem könne der Roboter seine Arme uneingeschränkt bewegen und drehen. «So können wir in den hintersten Regionen sehr einfach operieren», erzählt Herr Langer mit Freude. Viele Chirurgen durchlaufen lange Schulungen, um sich an die Steuerung eines Roboters zu gewöhnen. Dr. Langer beschreibt den Lernprozess als intensiv, da jede Bewegung am Bedienpult millimetergenau umgesetzt wird. Er betont, dass Routine und Erfahrung entscheidend sind, um die Technologie sicher einzusetzen. Da stellt sich die Frage:

Gibt es denn überhaupt Nachteile?

Ja, tatsächlich gibt es da diesen Einen: «Der Roboter schneidet einfach, der spürt nicht, wenn der Körper mehr oder weniger Widerstand gibt», teilt uns Igor Langer mit. Der Chirurg verliert so das direkte haptische Gefühl für das Gewebe, wodurch es schwieriger ist, die exakte Beschaffenheit zu erfassen. Dies könne zu ungewollten kleineren Verletzungen führen, die durch eine Weiterentwicklung der Technologie möglicherweise reduziert werden könnten. «Der Roboter schneidet einfach, der spürt nicht, wenn der Körper mehr oder weniger Widerstand gibt», erklärt Dr. Langer.

An der Verbesserung der Technologie werde bereits gearbeitet. Die nächste Generation des Da Vinci soll mit taktilem Feedback ausgestattet werden, sodass Chirurgen eine realistischere Rückmeldung über die Beschaffenheit des Gewebes erhalten. Dies wäre ein bedeutender Fortschritt, der das Gefühl der Kontrolle und Präzision weiter erhöhen würde.

Reaktionen auf die Operation mit einem Roboter

Vor jeder Operation gibt es ein Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient. Dabei erfährt der Patient, ob sein Eingriff mit dem hochmodernen Da-Vinci-Roboter durchgeführt wird – eine Information, die ganz unterschiedliche Reaktionen hervorruft. Während man erwarten könnte, dass ältere Menschen skeptisch auf OP-Roboter reagieren, ist das tatsächlich oft nicht der Fall. Wie uns Igor Langer erklärt, bringen viele ältere Patienten ihm grosses Vertrauen entgegen, unabhängig davon, ob die Operation "normal" oder mit Roboterunterstützung durchgeführt wird. Jüngere Menschen haben in der Regel keine Bedenken, da moderne Technik für sie längst zum Alltag gehört. Dennoch gibt es Fälle, in denen Patienten zunächst zögern und Unbehagen äussern bei dem Gedanken von einer Maschine operiert zu werden. Sobald jedoch der Chirurg ihnen die Vorteile des Da-Vinci-Roboters erklärt und erläutert, dass der Roboter lediglich ein präzises Werkzeug in den Händen des Chirurgen ist, legt sich diese Skepsis meist. Am Ende sind nahezu alle Patienten überzeugt – ganz egal, ob jung oder alt. Ein Patient, mit dem wir gesprochen haben, schilderte seine Erfahrungen mit einer Da-Vinci-gestützten Operation als durchweg positiv. Die minimalinvasive Technik hinterliess an drei Stellen hinterliess lediglich eine unauffällige Narbe. Während die Genesung spürbar schneller und komplikationsfrei verlief. Ausserdem waren die Schmerzen nach der Operation geringer als erwartet. Ein bedeutender Vorteil der Robotik in der Chirurgie ist die verkürzte Erholungszeit. Laut Dr. Langer können viele Patienten das Spital früher verlassen, da die minimalinvasive Technik das Gewebe schont.

Intuitive Surgical – Die Firma hinter Da Vinci

Die Geschichte der Robotik in der Medizin reicht zurück bis in das Jahr 1956. Ein paar Jahre später gab es dann auch den ersten Roboter in der Medizin. Ab diesem Zeitpunkt erkannte man, dass Roboter die Zukunft sein werden. Heute ist die amerikanische Firma Intuitive Surgical der führende Anbieter von OP-Robotern. Die Firma präsentiert auf ihrer Website stolz die Daten: Drei Jahrzehnte Robotersystem, 12 Millionen Operationen und in 70 Ländern ist das Robotersystem im Einsatz. Warum gibt es keine andere Firma, die ein so erfolgreiches Produkt anbietet? Dr. Langer erklärt, dass die Entwicklung eines solchen Systems Jahrzehnte dauere und enorme Investitionen erfordere: «Intuitive arbeitete immerhin fast 30 Jahre an ihrem Roboter-System und entwickelt es immer weiter, diesen Rückstand wird die Konkurrenz immer haben.» Der Roboter ist heute in «nur» 70 Ländern im Einsatz. Hauptgrund dafür sei primär, das Ökonomische. Ein Roboter kostet rund 2 Millionen Franken. Mit der Vorbereitung eines geeigneten Operationssaals und der Schulung der Chirurgen sei man schnell bei einem sehr hohen Betrag, erzählt Dr. Langer.

Bereit für den Einsatz: Der Da-Vinci im eingeklappten Zustand.

Eine sinnvolle Investition?

Die Anschaffung eines Da-Vinci-Systems ist also teuer. Dies wirft weitere wirtschaftliche und ethische Fragen auf. Ist eine Investition also sinnvoll? Wer kann sich das leisten? Dr. Langer stellt klar, dass sich die Technologie aktuell für viele kleine bis mittlere, aber auch grösser Spitäler finanziell noch nicht auszahlt: "Der Roboter macht aktuell Defizite." Angesichts der aktuellen Finanzlagen der Berner Spitäler sind solche Investitionen derzeit eher fragwürdig. Während sehr grosse Kliniken die Anschaffungskosten durch eine hohe Anzahl an Eingriffen rechtfertigen könnten, bleibe dies für andere Einrichtungen schwierig. Dr. Langer bleibt aber zuversichtlich, dass sich die Investition langfristig lohnen werde, da die Technologie weiter verbessert und möglicherweise kostengünstiger werde.

"Der Roboter machen aktuell Defizite." - I. Langer

Auch die Verfügbarkeit von Robotik in weniger wohlhabenden Ländern ist ein Thema. Während in Industrieländern immer mehr Spitäler in Robotertechnik investieren, können sich das viele Gesundheitssysteme weltweit nicht leisten. Dies führe dazu, dass Patienten in bestimmten Regionen keinen Zugang zu dieser modernen Form der Chirurgie haben.

Zwischen Innovation und Risiko: Die Rolle des Da-Vinci-Roboters in der Zukunft der Chirurgie

Der Da-Vinci-Roboter gilt als eine der grössten Innovationen in der Chirurgie. Mit seiner Präzision und den minimalinvasiven Eingriffen hat er die Möglichkeit eröffnet, auch komplizierte Operationen sicherer durchzuführen und somit die Medizin revolutioniert. Doch diese Technologie bringt nicht nur Fortschritte, sondern auch Herausforderungen mit sich.

Die Vorteile der Roboterchirurgie sind deutlich: Patienten profitieren von kleineren Narben, weniger Schmerzen und einer schnelleren Erholung. Das System ermöglicht zudem Eingriffe, die mit blossen Händen kaum machbar wären und hat besonders in der Urologie und Viszeralchirurgie neue Massstäbe gesetzt. „Durch die heutigen Technologien wird der Roboter in einigen Jahren nicht mehr wegzudenken sein“, prognostiziert Dr. Igor Langer. Doch trotz aller Euphorie gibt es berechtigte Bedenken. Die Technologie ist teuer, nicht jeder Chirurg beherrscht sie gleich gut, und es gibt Berichte über technische Fehlfunktionen. Was passiert, wenn ein Roboter während einer Operation versagt? "Die volle Verantwortung liegt immer beim Chirurgen", betont Dr. Langer.

Die Steuerkonsole vom Da Vinci Roboter.

Kritiker warnen zudem, dass eine zu starke Abhängigkeit von der Technik die klassische Chirurgie in den Hintergrund drängen könnte. Zudem bleibt das Fehlen des direkten haptischen Feedbacks eine Herausforderung, da der Chirurg die Gewebe nicht direkt fühlen kann, was zu kleineren, vermeidbaren Verletzungen führen kann. Dr. Langer ist jedoch zuversichtlich, dass zukünftige Modelle des Da-Vinci-Roboters dieses taktile Feedback bieten werden. Weitere ethische Fragen treten ebenfalls in den Vordergrund: Könnte die Automatisierung der Medizin dazu führen, dass der Mensch als Operateur eines Tages überflüssig wird? Machen wir uns abhängig von den Robotersystemen? Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) stellt die Roboterchirurgie zudem vor neue Herausforderungen. Während KI das Potenzial hat, die chirurgischer Eingriffe zu verbessern, müssen auch die Risiken sorgfältig abgewogen werden. Fragen der Autonomie, des Datenschutzes, unvorhersehbarer KI-Entscheidungen bedürfen klarer Richtlinien und Überwachung, um sicherzustellen, dass die Technologie den Menschen dient und nicht zum Risiko wird. Dr. Langer sagt voraus: „Sie als die heutige Generation, werden ganz sicher von Robotern operiert und mit Robotern operieren.“

Es steht fest, dass der Da-Vinci-Roboter die Medizin bereits nachhaltig verändert hat – doch ob er die Chirurgie nur erweitert oder auch neue Gefahren schafft, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.